System Change, not Climate Change!
BUT HOW?
Schule als Staat (SalS) ist vielleicht das wertvollste Großprojekt, das an einer Schule durchgeführt werden kann. Was könnte einen tieferen Einblick in die Funktionsweise von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft verschaffen als die selbständige Organisation eines eigenen kleinen Gemeinwesens? Während man im politischen Alltag leicht das Gefühl bekommt, außen vor zu bleiben, wird Demokratie im Modellstaat endlich hautnah erlebt.
Wie aber sieht es mit der »großen Demokratie da draußen« aus? Wird sie ihrem Ideal einer „Selbstregierung des Volkes“ eigentlich gerecht? Und ist ihre gegenwärtige Form das einzige Modell, das sich bei SalS einmal auszuprobieren lohnt?
Wenn auch die Demokratie die größte Errungenschaft der Moderne ist, darf sie uns doch nicht blind machen für ihre Schwächen: Dass es in der Politik oft nicht die demokratischen Grundwerte von Freiheit und Menschenwürde, sondern wirtschaftliche Interessen sind, die sich durchsetzen; dass die Sachkenntnis und Kreativität, die erforderlich ist, um die Probleme unserer Gesellschaft nachhaltig zu lösen, im Parlament oft erst gar nicht zu Wort kommt; dass die Menschen, obwohl doch alle Macht vom Volke ausgehen soll – abgesehen von einem vagen Kreuz alle vier Jahre – kaum je richtig an der Politik partizipieren; und dass junge Bewegungen wie etwa Fridays for Future zwar mittlerweile viele Menschen erreicht haben, aber die Politik ihren berechtigten Forderungen kaum nachkommt. Doch was muss eigentlich noch geschehen, damit wir endlich den Wandel erleben, den wir angesichts einer allmählich hereinbrechenden Klimakatastrophe so dringend brauchen?
Unseres Erachtens wird die real existierende Demokratie ihrem Ideal einer noch keineswegs gerecht! Sie weist vielmehr derart fatale strukturelle Mängel auf, dass wir sie dringend von Grund auf erneuern müssen, wenn wir eine Gesellschaft errichten wollen, in der sich die Menschen endlich selbst regieren. Um aber die Demokratie von Grund auf zu erneuern, müssen wir sie von Grund auf neu denken. Genau das hat der Sozialphilosoph Johannes Heinrichs getan, indem er das zwischenmenschliche Verhältnis genau analysierte und daraus eine umfassende Theorie der Gesellschaft entwickelte. Dieser zufolge hat die Gesellschaft vier System-Ebenen (oder „Wertstufen“), nämlich Wirtschaft, Politik, Kultur, Grundwerte. Hieraus lässt sich das neue Modell der Wertstufendemokratie ableiten, das genau nach diesen Ebenen gegliedert ist. In ihr gäbe es nicht mehr nur ein Parlament, sondern vier Sach-Parlamente mit ganz bestimmten Aufgabenbereichen: Wirtschaftsparlament, Politikparlament, Kulturparlament, Grundwerteparlament.
Diese Sach-Parlamente würden unabhängig voneinander in verschiedenen Wahljahren gewählt. Das heißt: CDU, SPD & Co gäbe es nicht mehr! Stattdessen: ganz neue Wirtschafts‑, Politik‑, Kultur- und Grundwerte-Parteien, also kompetente Sach-Parteien, die jeweils nur für eine Ebene zur Wahl antreten. Die Parlamente würden bei der Gesetzgebung zusammenarbeiten, wobei sie durch eine Rahmengesetzgebung in folgender Rangfolge stehen: Grundwerte > Kultur > Politik > Wirtschaft.
Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Statt eines einzigen Parlaments, in dem von überforderten Abgeordneten alle Themen zugleich behandelt werden müssen, vier kompetente Sach-Parlamente, die sich jeweils auf eine Wertstufe unseres Miteinanders fokussieren können. (Entsprechend auch die Wahlen und Wahldebatten!)
- Keine Wahldilemmata mehr zwischen den Sachbereichen. (Wen willst du denn heute wählen, wenn du z.B. die eine Partei in Wirtschafts‑, die andere Partei in Kulturfragen besser findest?)
- Eine feste Werte-Ordnung durch die Rahmengesetzgebung, die unseren demokratischen Grundwerten und kulturellen Werten den Vorrang vor Macht- und Wirtschaftsinteressen einräumt und die Dominanz der profitorientierten Wirtschaft über unsere gesamte Gesellschaft endlich auf die Probe stellt.
Die Abschaffung des jetzigen Parteiensystems und die Einführung der Wertstufendemokratie stellt unseres Erachtens die Lösung für das Demokratieproblem und damit zugleich die politisch-strukturelle Voraussetzung einer sachlichen Lösung aller gesellschaftlichen Probleme dar. Denn »alle, aber auch wirklich alle Probleme unserer Gesellschaft hängen an der einfachen Frage: Wer kommt zu Wort, und wie können die Wortmeldungen geordnet aufeinander bezogen und effektiv umgesetzt werden?« (Johannes Heinrichs).
Insbesondere ein so komplexes und langwieriges Vorhaben wie die sozialökologische Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft setzt eine lebendige und leistungsfähige Demokratie voraus – weshalb wir darauf brennen, den Slogan “System Change, not Climate Change” mit euch zusammen ernst zu nehmen, einen ersten Modellversuch zu starten und die Wertstufendemokratie im Rahmen von Schule als Staat auszuprobieren. Gerne besuchen wir eure Schule, um euch das Konzept zu erklären und bei der praktischen Umsetzung zu begleiten. Wir freuen uns über eure Nachricht!